Geld kann als Stimmzettel gesehen werden, denn Geld ist nicht neutral. Egal ob in der Vorsorge oder etwa bei freien Investments, wir haben die Wahl wem wir unser Geld anvertrauen. Wir können es in Rüstungsfirmen und Ölkonzerne investieren, oder wir können etwa bewusst auf nachhaltige Geldanlage setzen.
Wie man in der Schweiz nachhaltig investieren und vorsorgen kann, behandeln wir in dieser Serie. Heute wollen wir ganz allgemein über das Thema nachhaltige Geldanlage sprechen und haben uns dazu Experten für ein Interview eingeladen:
Hinweis seitens Schwiizerfranke: Leider erhielt Freya Savings zu wenig Nachfrage und beendete Ende 2021 ihr Angebot. Dieses Interview bleibt dennoch relevant und spannend, weshalb wir es online belassen. Nachhaltige Vorsorge und Investments sind in der Schweiz beispielsweise mit Inyova möglich.
Co-Founder Freya Savings
Advisor Anlagelösungen
Graubündner Kantonalbank
Immer mehr Finanzdienstleister bieten die Option an, bei ihnen nachhaltig Investieren zu können. Doch was bedeutet dies eigentlich?
Roman: Tolle Frage. Für uns bei Freya Savings ist die ist Antwort ganz einfach: Nachhaltige Anlagen sind zuerst einmal nicht schädlich für Mensch und Umwelt. Das ist nicht der Fall in Geschäftsfeldern wie beispielsweise Kohle, aber auch Atomenergie, Waffen, Alkohol, Tabak oder etwa Glücksspiel. Wir erachten diese «Exclusions» von Produkten und Tätigkeiten, die wirklich nicht in ein anständiges Portfolio gehören sollen, als wirklich zentral und nicht verhandelbar.
Viele ESG Ansätze nutzen noch einen «best-in-class» Ansatz, der die Firmen jedes Industriesektors nach ihren ESG Score bewertet und einen bestimmten Prozentsatz der besseren Firmen in das Portfolio aufnimmt. Dieser Ansatz hat aber nicht notwendigerweise auch klare Ausschlusskriterien, sodass Unternehmungen mit kritischen Produkten sehr wohl im Portfolio enthalten sein können.
Rolf: Als Bausteine für nachhaltige Investments müssen verschiedene Nachhaltigkeitsstrategien (Norm-Screening, Ausschlüsse, best-in-class, nachhaltige Themen) kombiniert werden.
Zweitens müssen nachhaltige Anlagen einen direkten Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leisten, also z.B. das eingangs erwähnte «nützliche» Elemente beinhalten, die eine bessere Zukunft bringt. Bei den erneuerbaren Energien, den Umwelttechnologien im Allgemeinen, der elektrischen Mobilität, sauberer öffentlicher Infrastruktur sind diese Effekte ja klar erkennbar. All diese Themen sind wie gesagt zentraler Bestandteil der Anlagestrategie, die jeder Freya Kunde individuell über das Sinn-Profil ansteuern kann.
Drittens würden wir sagen, dass eine Betrachtung auf die Kohlenstoffintensität der Unternehmen bzw. die Transformation zu einer Low Carbon Economy sicherlich sehr hilfreich ist. Sektoren wie die Öl- und Gasindustrie, aber auch kohlenstoffintensive Branchen wie Beton, die Baubranche oder auch die Automobilhersteller müssen so weit wie möglich auf neue, saubere Technologien umstellen. Wer da nicht mitmacht und klare Ergebnisse vorweisen kann, soll aus den nachhaltigen Indices fliegen und wird devestiert (d.h. Anleger verkaufen diese Titel).
Wenn man nun also nachhaltig investieren möchte, nimmt dies starken Einfluss auf die zur verfügung stehenden Investmentmöglichkeiten. Muss man dadurch mit einer minimierten Rendite rechnen?
Rolf: Nein, auf keinen Fall. Studien zeigen klar, dass mit nachhaltigen Anlagen kein Renditenachteil erwächst.
Roman: Das wollen wir auch mit Freya zeigen: Unsere Kunden sollen sehen, dass ein nachhaltiger Investitionsansatz mittel- und langfristig eine bessere finanzielle Rendite als eine klassische Anlagelösung erwirtschaftet und dazu noch eine ökologische und soziale Rendite bringt. Des Weiteren glauben wir, dass es wichtig ist, im Finanzmarkt mittels Signaling und Engagement für Nachhaltigkeit einzustehen. Kommunikation ist so wichtig! Wir wollen ein nachhaltiges Movement schaffen, bei dem Anleger sich auf nachhaltige Werte beziehen können.
Einer der Schwerpunkte bei Freya sind Wachstumsunternehmen. Meint ihr Wachstum sollte im Hinblick auf Nachhaltigkeit anders definiert werden?
Roman: Wachstumsunternehmen sind eine zweischneidige Art des nachhaltigen Investierens. Zum einen ist «Wachstum» ja generell nicht unbedingt mit einer nachhaltigen Wirtschaft vereinbar. Wenn immer mehr Menschen immer mehr Ressourcen verbrauchen wird uns das schlicht an die planetaren Grenzen bringen.
David: Auf der anderen Seite haben Wachstumsunternehmen aber auch klare Vorteile gegenüber der «old Economy». Zum einen sind diese Unternehmen meist viel digitaler und verdienen ihr Geld nicht mit Hardware, sondern mit Software und Dienstleistungen. Das zeigt sich dann in einem weitaus tieferen CO2 Fussabdruck dieser Unternehmen. Zum anderen sind Wachstumsunternehmen in Sektoren wie Umwelttechnologien oder der Biotech wirklich zentral, da sie mit ihren Technologien die Welt wirklich besser machen können.
Wenn wir in solche Sektoren investieren dann deshalb, weil neue Technologien die Welt positiv verändern können. – Das zeigt sich ja z.B. bei Corona mit der Art & Weise, wie schnell globale Impfstoffe entwickelt wurden oder wie schnell Unternehmen mittels Teleworking ihre Mitarbeiter im Home Office lassen konnten.
Ergibt sich durch den Nachhaltigkeitstrend eine «Anti ESG Chance»? Immerhin fallen beispielsweise Rüstungsfirmen aus nachhaltigen Indizes, wodurch ihnen automatisch weniger Geld zufliesst und dadurch ihr Aktienkurs sinkt.
David: Nun, das ist eine gute Frage! Dieser Fall ergibt sich tatsächlich und gewisse «Spekulanten» werden sicherlich versuchen von diesen Chancen zu profitieren. Jedoch sollte man beachten, dass für schmutzige Branchen auch erhöhte Risiken entstehen. Schliesslich kann der Nachhaltigkkeitstrend auch von der regulatorischen Seite immer weiter durchgesetzt werden. Weitere Erhöhungen von Steuern (z.B. der Tabaksteuer) machen diese Investments risikoreicher oder unattraktiver.
Manche Anbieter verkleinern ihre Allokation aufgrund mangelnder Investmentmöglichkeiten. Ist das Risiko für Investoren mit nachhaltigem Fokus grösser?
Roman: Wir sehen das Problem nicht. Eine bewusste Einschränkung auf Firmen mit einer nachhaltigen Unternehmensstrategie reduziert in keinster Weise unseren Investitionsspielraum.
Im Gegenteil, diese Strategie, wenn sie von vielen Anlegern getragen wird, motiviert Unternehmen, die punkto Nachhaltigkeit noch Nachholbedarf haben, schnell zu den besten aufzuschliessen, sofern sie von den Anlegern bzw. der Börse nicht abgestraft zu werden wollen. Das wird sich dann in einer allgemeinen Verbesserung einer nachhaltigen Wirtschaft zeigen. Deshalb glauben wir auch, dass es so wichtig ist, dass wir alle voll auf den Nachhaltigkeits-Zug aufzuspringen und nicht so tun, als ob das noch nicht perfekt ist. Nichtstun ist viel die grössere Gefahr, als jetzt einzusteigen.
Ein tolles Schlusswort, ganz herzlichen Dank euch allen für diesen ersten Teil in unserem Guide für nachhaltiges Investieren!
Mit unserem Geld können wir auf nachhaltige Art und Weise eine Rendite erzielen. Um nachhaltig Investieren schweizweit zu diskutieren, sind Risiko und Rendite keine hinderlichen Themen. Denn ein wachsendes Investmentportfolio an nachhaltigen Geldanlagen bietet immer mehr Auswahl. Gleichzeitig sind nachhaltige Unternehmen oft besonders innovativ und dadurch wirtschaftlich gut unterwegs. Nennenswerte Gegenargumente gibt es aus unserer Sicht keine. Pro-Argumente für ESG Investing bzw. nachhaltiges Investieren dafür so einige! In unserer Mission 2021 haben wir das Thema nachhaltige Geldanlage als Fokusthema aufgenommen und freuen uns bereits auf weitere Artikel mit den Experten von Freya.
Wie siehst du das Ganze? Investierst du nachhaltig?
Lass uns gerne einen Kommentar da!
Wenn du mehr zu Freya Savings erfahren möchtest, oder deine 3. Säule bei ihnen nachhaltig anlegen möchtest, gelangst du hier zu Freya 3a:
Transparenz-Hinweis: Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Freya Savings erstellt. Die inhaltliche Darstellung und Beschreibung ist dennoch unabhängig und frei von Schwiizerfranke erstellt worden.
2 Antworten
Wir finden es wichtig die Kundinnen und Kunden über nachhaltiges Investment zu informieren. Vielen Dank für diesen wirklich spannenden und für jeden verständlichen Blogbeitrag! Tolles Interview mit den 3 Experten.
Ehrlich gesagt hab ich mir nie gross überlegt dass meine 3a Gelder so quasi die Finanzierung von Institutionen darstellt. Also dass diese damit arbeiten und ich gerade mit dem ESG Aspekt und Wertschriften bewusst lenken kann wer «Finanzierungshilfe» bekommt und wer nicht. Tönt vielleicht komisch, war aber ein kleiner Augenöffner für mich 🙂