Rund eine halbe Million Schweizer Ehepaare sind von der Heiratsstrafe betroffen. Sie bezahlen mehr Steuern, als sie unverheiratet bezahlen würden und sind sogar bei der AHV-Rente benachteiligt.
Doch was ist die Heiratsstrafe eigentlich genau, wie kannst du ihr bei der Steuererklärung entgegenwirken und bist du eventuell auch betroffen?
Alles, was du zur Heiratsstrafe in der Schweiz wissen musst, erfährst du in diesem Beitrag.
Um in der Schweiz die Heiratsstrafe berechnen und verstehen zu können, solltest du unser Steuersystem verstehen.
Sicher ist dir bekannt, dass unser Steuersystem eine Progression beinhaltet und bei steigendem Einkommen auch progressiv steigende Einkommenssteuern fällig werden.
Hier eine Darstellung für die Steuerprogression im Kanton Zürich:
Wenn du die Grafik für die Steuerprogression Zürich betrachtest, fällt dir auf, wie stark die Steuern bei steigendem Einkommen ansteigen.
Wenn du nun bedenkst, dass bei verheirateten Paaren die Einkommen zusammengerechnet werden, hast du die Ursache der Heiratsstrafe bereits gefunden.
Wichtig: Die Heiratsstrafe tritt insbesondere bei gutverdienenden Paaren auf, welche beide sehr gleichmässige Einkommen erzielen und ähnliche Vermögensstände haben.
Lass uns ein Beispiel für die Heiratsstrafe berechnen.
Um die Heiratsstrafe berechnen zu können, betrachten wir ein Paar aus der Stadt Zürich, welche beide ein Salär von CHF 70’000 pro Jahr erhalten. Die Einkommen sind in der Nähe des Medianlohns also noch nicht aussergewöhnlich hoch gewählt.
Das Paar lebt bis anhin zusammen und jede der beiden Personen bezahlt bisher getrennt auf das Jahreseinkommen Steuern.
Mit dem Steuerrechner aus dem Kanton Zürich lässt sich provisorisch und vereinfacht die folgende Steuerlast berechnen:
Jede Einzelperson bezahlt gesamthaft also CHF 7’928.70 an Steuern. Wenn beide gleich viel verdienen, wird die Rechnung zweimal fällig und gesamthaft CHF 15’857.40 berechnet.
Wenn sich die beiden nun zur Heirat entscheiden, werden die Einkommen zu CHF 140’000 zusammen gezählt. Die neue Steuerrechnung für das jetzt verheiratete Paar sieht anschliessend wie folgt aus:
Alles noch einmal in Kürze?
Einkommen | |
---|---|
Partnerin | CHF 70'000 |
Partner | CHF 70'000 |
Summe | CHF 140'000 |
Steuern | |
---|---|
In Konkubinat | CHF 15'857.4 |
Als Ehepaar | CHF 18'043.9 |
Heiratsstrafe | |
---|---|
In Franken | CHF 2'186.5 |
In Prozent | 13.79% |
Tipp: Wie hoch die Heiratsstrafe bei dir persönlich ist, kannst du in wenigen Minuten mit dem Steuerrechner deines Wohnkantons berechnen. Du findest diesen über Google.
Da die Steuerprogression im obigen Beispiel stärker wirkt, wird nun eine erhöhte Steuerrechnung von CHF 18’043.9 fällig.
Begründet ist dies im Grenzsteuersatz.
Begriffserklärung: Der Grenzsteuersatz besagt, wie sich die Steuerlast verändert, wenn sich dein steuerbares Einkommen verändert.
Beispiel: Unser beispielhaftes Paar aus Zürich hat einen Grenzsteuersatz von 24,47%. Wenn die beiden in Zukunft CHF 1’000 mehr verdienen, bezahlen sie darauf 24,47% bzw. rund CHF 245 an Steuern.
Eine Studie des Bundes hat ergeben, dass sich die Heiratsstrafe je nach Kanton unterschiedlich hoch auswirkt. Die Diskriminierung von verheirateten Paaren ist dabei nicht überall gegeben und besonders nicht überall gleich stark.
Spannend an der Studie ist auch die Erkenntnis, dass es steuerlich häufig belohnt wird, wenn ein Ehepartner deutlich weniger verdient. Einer traditionellen Rollenverteilung (ein Ehepartner bleibt zu Hause und kümmert sich um die Kinder, während die andere Person voll arbeitet) kommt dies also entgegen.
Glücklicherweise soll dem mit der geplanten Individualbesteuerung entgegengewirkt werden. Dabei sollen beide Ehepartner getrennt betrachtet und Einkommen somit nicht mehr summiert werden.
Im August 2023 hat der Bundesrat dafür die Eckwerte festgelegt und in 2024 soll sich das Parlament damit befassen. Die Umsetzung der Individualbesteuerung und damit einem Ende der Heiratsstrafe wird wohl aber noch eine Weile in Anspruch nehmen.
Für das paar aus dem obigen Beispiel siehst du hier einen Vergleich für verschiedene Kantone und Gemeinden in der ganzen Schweiz. In Zug müssten die beiden gesamthaft CHF 7’390 weniger und in Basel CHF 12’307 mehr an Steuern bezahlen. Dieser Vergleich ist gesamthaft und simuliert einen Wohnortwechsel, nicht nur auf die Differenz durch die Heirat:
Leider greift die Heiratsstrafe rückwirkend auf das Jahr der Hochzeit.
Während in Deutschland beispielsweise gerne noch im Dezember geheiratet wird, um die Steuern für das gesamte Jahr zu senken, könnten Schweizer sich eher einen Aufschub auf den nächsten Januar überlegen. Zumindest, wenn die Heiratsstrafe greift und wenn der Zeitpunkt aus rein steuerlicher Sicht betrachtet werden würde.
Bis die Individualbesteuerung umgesetzt ist, gibt es glücklicherweise zumindest teilweise eine Abhilfe zur Heiratsstrafe.
Mit dem sogenannten Zweitverdienerabzug kann der höheren Progression der Heiratsstrafe teilweise entgegengewirkt werden. Dieser Zweitverdienerabzug wird vom tieferen Einkommen abgezogen.
Verheiratete Doppelverdiener können 50% von der direkten Bundessteuer des tieferen Einkommens abziehen (maximal CHF 13’400 und minimal CHF 8’100). Hier spricht man vom sogenannten Doppelverdienerabzug oder auch Zweitverdienerabzug. Bei der Kantonssteuer muss je nach Vorgaben des Wohnkantons verfahren werden.
Bei der Bundessteuer dürfen alle Verheirateten einen Pauschalbetrag von 2’600 Franken abziehen. Kantonal sind die Abzüge unterschiedlich hoch.
Nachteile bei den Steuern und auch Nachteile bei der AHV-Rente (maximal die 1,5-fache Maximalrente), wo sind also die Vorteile für Ehepartner?
Bis die Individualbesteuerung umgesetzt und die Heiratsstrafe abgeschafft ist, geht es wohl noch ein paar Jahre. Bis dahin können Ehepaare in der Schweiz vom Zweitverdienerabzug profitieren und die Heiratsstrafe zumindest teilweise abfedern.
Statt sich auf die Nachteile zu fokussieren, sollten unbedingt auch die Vorteile einer Ehe gesehen werden. Besonders in Todesfällen haben verheiratete Paare gravierende Vorteile.
Und wenn dann die Individualbesteuerung umgesetzt ist, wird auch die Förderung von Familien in der Schweiz wieder besser und fairer.
Stellt(e) die Heiratsstrafe für dich ein Hindernis für eine Hochzeit dar? Teile deine Meinung gerne in den Kommentaren.
Jeder Kanton bietet einen kostenfreien Steuerrechner an. Dort kannst du die Angaben als Einzelperson und als Ehepaar eingeben und vergleichen.
Die Infos zum aktuellen Zweitverdienerabzug oder Doppelverdienerabzug Zürich und in anderen Kantonen finden sich in der Wegleitung des Kantons. Diese findest du über Google.
Die Steuer Progression schweizweit hängt immer vom Kanton und der jeweiligen Gemeinde ab. Oben hast du dazu einige Beispiele und eine Progressionstabelle gesehen.
5 Antworten
Wir sind ein pensioniertes Ehepaar. Gesamteinkommen (AHV, Pensionskassenrente): CHF 114’576, Steuerbares Einkommen CHF 111’500, Steuerbares Vermögen CHF 33’000.
Steuern: CHF 13’058 (Kanton/Gemeine/Kirche) / CHF 2’555 (Direkte Bundessteuer) / Total: CHF 15’613.
Fragen:
a)Wie wird das Einkommen aufgeteilt?
b)Welcher Steuertarif kommt zur Anwendung?
c)Werden durch die Individualbesteuerung die Pensionierten-Ehepaare nicht benachteiligt?
Kurze Ergänzung zu deinem Text. Du schreibst: «Um die Heiratsstrafe berechnen zu können, betrachten wir ein Paar aus der Stadt Zürich, welche beide ein Salär von CHF 70’000 pro Jahr erhalten. Die Einkommen sind in der Nähe des Medianlohns also noch nicht aussergewöhnlich hoch gewählt.» Wichtig zu verstehen ist, dass es sich dabei nicht um das Salär handelt welches ausbezahlt wird, sondern um das steuerliche Einkommen. Das ist doch ein grosser Unterschied und relativiert die Aussage bezüglich Medianlohn. Jemand kann auch 120’000 im Jahr verdienen (Salär) und durch Einkäufe in PK, Einzahlung in 3a, Weiterbildungen etc. auf ein steuerliches Einkommen von 70’000 CHF kommen.
Danke für die Ergänzung!
Wie du sagst, lässt sich das steuerbare Einkommen auch senken (hier mehr dazu) … Oder aber man tut nichts der dergleichen und das Paar verdient einfach jeweils 70t Franken.
Die beiden Saläre lassen sich natürlich nicht einfach zusammenzählen und gleich betrachten, da der Zweitverdienerabzug zum Einsatz kommt … der Vergleich ist daher vereinfacht, zeigt die Problematik aber auf 🙂
Oli ist beizupflichten; bei einem Nettolohn von CHF 70’000 wird das steuerbare Einkommen aufgrund der Abzüge geringer ausfallen. Zudem können die einzelnen steuerbaren Einkommen eines Konkubinatpaares nicht einfach zusammengezählt werden. Wie im Text selbst angedeutet, ist das steuerbare Einkommen von Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, um den Sonderabzug bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten (Zweiverdienerabzug) zu kürzen (im Kanton Zürich: max. CHF 5’900).
Das oben genannte Beispiel würde daher der Realität näher kommen, wenn z.B. von persönlichen Abzügen von je CHF 20’000 ausgegangen wird und der bei einem steuerbaren Einkommen von je CHF 50’000 sich ergebende Steuerbetrag jenem gegenübergestellt wird, der sich bei für ein Ehepaar aufgrund eines steuerbaren Einkommen von CHF 94’100 (2x CHF 70’000 – 2x CHF 20’000 – CHF 5’900) ergeben würde. Auch dann würde sich eine Mehrbelastung für das Ehepaar ergeben, jedoch würde die Differenz nur noch rund CHF 520 ausmachen.
Im übrigen zeigt die verlinkte «Studie des Bundes», dass die Heiratsstrafe in erster Linie ein Problem der direkten Bundessteuern ist (Hinweis zur Tarifausgestaltung: Analog zum Bund wendet der Kanton Zürich einen Doppeltarif an). Wie im Text beschrieben wird, ist die Heiratsstrafe «nicht überall gegeben und besonders nicht überall gleich stark». Dies ist, neben der Frage, wie die Einkommen zwischen den Partner verteilt sind, insbesondere auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Kantone SZ, NW, GL, FR, SO, BL, SH, AI, SG, GR, AG, TG, NE und GE beim Tarif hinsichtlich der Familienbesteuerung nicht einen Doppeltarif kennen, sondern ein Voll- oder Teilsplitting anwenden. Das Problem der Heiratsstrafe würde sich daher auch für die direkten Bundessteuern über diese Methodik lösen lassen. Es ist daher auch nachvollziehbar, dass die Kantone aufgrund des grösseren zusätzlichen Verwaltungsaufwands sich gegen die Einführung einer Individualbesteuerung aussprechen.
@Marc: Die Zahlen aus deinem Beispiel würden in der Praxis wohl nicht ganz verheben. Bei einem solchen steuerbaren Einkommen solch hohe Abzüge geltend zu machen, wird einem durchschnittlichen Bürger nicht gelingen 😀